Politikzyklus

Für uns ist der Politikzyklus eine gute Methode um zu zeigen, wie Agrarpolitik auf der europäischen Bühne funktioniert. Zur besseren Anschaulichkeit haben wir die einzelnen Stationen der Verordnung für Legehennen anhand des Politikzyklus' nachgezeichnet. Klicken Sie sich durch die einzelnen Phasen des Politikzyklus und erfahren Sie mehr!  (Einfach auf die Kreise klicken).

Problem

Politik ist für uns das Lösen von Problemen, die eine kollektiv bindende Einigung verlangen, zuständig. In Abgrenzung zur Erledigung von Aufgaben, muss bei der Problemlösung zudem etwas Neues geschaffen werden. Europäische Probleme können zum einen Fragen der Harmonisierung betreffen und zum anderen typisch nationalstaatliche Fragen sein. Bei der Agrarpolitik geht es oft um EU-einheitliche Standards und EU-Förderung von Landwirt*innen.

 

Beispiel:

Geplante Eierfabrik in Neubukow: In elf Meter hohen und 127 Meter langen Stallungen werden auf acht Etagen insgesamt 792.960 Legehennen hocken, jeweils fünf in einem Käfig. Jedes Huhn wird während der 60 Wochen, die es hier verbringen soll, eine Fläche zur Verfügung haben, die kleiner ist als eine SPIEGEL-Seite.  (http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-8653169.html)

Artikulation von Interessen

Wenn eine gesellschaftliche Gruppe ein (agrar-)politisches Problem als solches identifiziert, muss es in der Öffentlichkeit artikuliert werden. Man kann versuchen die breite Öffentlichkeit oder eine Teilöffentlichkeit anzusprechen. Dafür gibt es die unterschiedlichsten Mittel der Artikulation. Das Ziel dabei ist immer gleich: die Aufmerksamkeit der Politik.

 

Beispiel:

Mehr als 20 europäische Tierschutzorganisationen von "Animal Peace" bis zum "Verein gegen tierquälerische Massentierhaltung e. V." laufen monatelang gemeinsam mit einer Neubukower Bürgerinitiative Sturm gegen die Frischei-Pläne und generell gegen unwürdige Käfighaltung.

Politische Tagesordnung

Hat man sein Anliegen gut artikuliert, kann man den Sprung von der öffentlichen Arena auf die politische Arena schaffen. Es konkurrieren viele Interessen darum, auf die politische Tagesordnung zu kommen und vor allem an oberste Stelle zu kommen. Diese unterschiedlichen Interessen müssen gebündelt werden. Für diese Bündelung sind u.a. Parteien, Verbände und andere Interessenvertretungen zuständig.

 

Beispiel:

Die Tierschutzorganisationen erhalten viel mediale Aufmerksamkeit. Nach etwas Zeit nehmen die Landwirtschafts- und Umweltminister verschiedener Länder den Schutz von Legehennen in ihre Agenda auf und besprechen das Thema auf einem Treffen des Umweltministerrats.

Gesetzgebungsverfahren

Aus diesen gebündelten und gewichteten Interessen entsteht ein Gesetzestext, der durch das Ordentliche Gesetzgebungsverfahren der EU geht und am Ende als Verordnung oder Richtlinie veröffentlicht wird. Die Europäische Kommission hat als einziges EU-Organ Initiativrecht. Ihre Gesetzesvorschläge werden dann im Zusammenspiel von Europäischem Parlament und Minister*innenrat bearbeitet.

 

Beispiel:

Die Europäische Kommission legt einen Gesetzesentwurf vor und nach weiterer Ausarbeitung wird am 19. Juli 1999 die Richtlinie 1999/74/EG des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen veröffentlicht. Darin ist festgelegt, dass Käfighaltung ab dem 1. Januar 2012 EU-weit nicht mehr erlaubt ist.

 

Umsetzung

Im europäischen Mehrebenensystem sind die Mitgliedstaaten, ihre Exekutive und Verwaltungen für die Umsetzung der Verordnungen zuständig. Je nach Rechtsform haben sie unterschiedlich starken Spielraum in der Umsetzung.

 

Beispiel:

Die Bestimmungen der Richtlinie 1999/74/EG wird durch die "Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung" in nationales [deutsches] Recht umgesetzt. Nur noch in begründeten Einzelfällen können bis zum 31. Dezember 2009 Legehennen in Deutschland in Käfigen gehalten werden. Ein "verbindliches Betriebs- und Umbaukonzept zur Umstellung der vorhandenen Haltungseinrichtungen" muss hierzu bei den zuständigen Ämtern für Veterinärwesen und Verbraucherschutz der Landkreise und kreisfreien Städte eingereicht werden.

Bewertung

Nach gegebener Zeit kann bewertet werden, ob die umgesetzte Politik ihre Ziele erreicht oder verfehlt hat. Mitunter kann eine Politik ein vorher nicht bedachtes neues Problem hervorrufen. Und dann sind wir wieder am Anfang!

 

Beispiel:

Deutschland schafft die sogenannte konventionelle Legehennenhaltung schon vorzeitig im Jahr 2010 ab. In 13 anderen EU-Staaten dagegen wird die Vorgabe nach EU-Erkenntnissen zumindest teilweise noch immer missachtet (März 2012), sodass ca. 46 Millionen Hennen weiterhin in Käfigbatterien leben. Die EU-Kommission hat die Einhaltung des Verbots überwacht und ahndet Verstöße. Es werden 2012 in einzelnen EU-Staaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.